Mitteilungen aus dem Saterfriesisch-Büro

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12.05.2025Siegerinnen und Sieger des Saterfriesischen Lesewettbewerbs 2025Foto: Jörgen Welp, Oldenburgische Landschaft Am 7. Mai stand das Rathaus der Gemeinde Saterland ganz im Zeichen der saterfriesischen Sprache. Dort fand der Saterland-Entscheid des Lesewettbewerbs in Saterfriesisch statt – ein wichtiger Beitrag zum Erhalt und zur Pflege der kleinsten germanischen Sprache Europas. Besonders erfreulich: Aus allen Schulen des Saterlands nahmen Schülerinnen und Schüler am Wettbewerb teil, insgesamt waren es weit über hundert. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Lehrkräfte, die dies an den Schulen umgesetzt haben. Im Finale traten nun die besten Leserinnen und Leser gegeneinander an. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit Grußworten von Bürgermeister Thomas Otto, Dr. Franziska Meifort (Oldenburgische Landschaft) und Gerhard Henken (LzO). Im voll besetzten Ratssaal präsentierten die Schulsiegerinnen und -sieger ihre Lesefähigkeiten auf beeindruckende Weise – ganz auf Saterfriesisch.Während sich die Jury anschließend zur Beratung zurückzog, konnten sich die Teilnehmenden und Gäste bei einer kleinen Erfrischung stärken. Danach sorgte ein Theaterstück der Grundschule Ramsloh für unterhaltsame Abwechslung. Bevor die Gewinnerinnen und Gewinner bekannt gegeben wurden, richteten der Landtagsabgeordnete Lukas Reinken (CDU), Stephan Dannebaum vom Boas Seelter Buund und Henk Wolf vom Seeltersk Kontoor noch einmal persönliche Worte an die Teilnehmenden – natürlich ebenfalls in und über das Saterfriesische.Die Freude war groß, als die Siegerinnen und Sieger verkündet wurden. Mit Urkunden, Gutscheinen für ein Schreibwarengeschäft und die örtliche Eisdiele ausgestattet, verließen sie strahlend die Bühne. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch das gemeinsame Singen des „Seelter Läid“. Die Organisation des Wettbewerbs lag in den Händen von Veronika Pugge (Seeltersk Kontoor/Oldenburgische Landschaft), die mit großem Engagement für einen reibungslosen Ablauf sorgte. [...]
08.05.2025Der Verlag Frysk & Frij gibt einen Band mit Poesie in mehreren Sprachen heraus. Die saterfriesische Sprache soll in dem Buch auch vertreten sein. Der Verlag sucht daher Originalgedichte in saterfriesischer Sprache. Senden Sie ein Gedicht aus Saterfriesisch zum Thema Sprache ein Der Verlag Frysk en Frij wird 2025 eine Gedichtesammlung mit Texten zum Thema Sprache veröffentlichen: bisher nicht veröffentlichte Originalgedichte und keine Übersetzungen anderer. Das erste Exemplar des Buches wird vom Dichter Tsead Bruinja dem königlichen Kommissar der Provinz Friesland Herrn Arno Brok übergeben. Das Thema Sprache ist recht breit gefächert – zum Glück, da es dem Dichter vieles ermöglicht. Für diejenigen, die dieses Universum beschreiben möchten, hier einige Themenvorschläge: Muttersprache, Minne-Sprache, Niedersprache, entartete Sprache, Müllsprache, Plappersprache, diskriminierende Sprache, Machtsprache, Wörterbuchsprache, Umgangssprache, Sprache aus Eisendraht, oder noch schlimmer: Stachelsprache, Minderheitensprache, Kindersprache, Sprachen, Gesangssprache, Geheimsprache, Körpersprache, Freundessprache, Ahnensprache, Heilige Sprache, Kriegssprache – Friedenssprache. Wir wünschen uns Poesie in verschiedenen Sprachen, darunter Minderheitensprachen aus ganz Europa, wie auch das Saterfriesische. Bei ausreichenden Geldeinnahmen werden 75,00 € für die Platzierung eines Gedichts erstattet. Senden Sie Ihr Gedicht bis zum 1. Juni 2025 an: post@frysk-en-frij.nl.Organisation: Verlag Frysk en Frij, Klaas van Zandbergenstraat 28 – 9076 GB St. Annaparochie.Der Band wird am Samstag, 29. November 2025, vorgestellt. [...]


Henk Wolf, 5.5.2025 Zurzeit studieren an der NHL Stenden Hogeschool in Leeuwarden und Groningen etwa siebzig Personen Friesisch. Die Anzahl der Studenten, die sich mit der deutschen oder französischen Sprache auseinandersetzen, liegt deutlich niedriger. Das war nicht immer der Fall. Um die Jahrtausendwende lagen die Studentenzahlen für das Friesischstudium meistens unter zehn und ab und zu gab es Jahrgänge, die aus nur einer Person bestanden. Das Bachelor-Studium der Frisistik an der Rijksuniversiteit Groningen wurde nach einigen Jahren ohne Studente in dieser Zeit sogar eingestellt – ein Schicksal, das uns zum Glück erspart geblieben ist.In den letzten Jahren sind die Anzahlen jedoch immer weiter angestiegen. Als vor drei Jahren die 50-Marke überschritten wurde, war das schon etwas ganz besonderes. Das Wachstum hielt aber an. Dieses Wachstum des Friesischstudiums hat mehrere Ursachen. Zu zwei davon habe ich selbst als Dozent an der Hochschule beigetragen. Zum einen haben wir es viel leichter gemacht, gleichzeitig Niederländisch und Friesisch zu studieren. Anders als in Deutschland haben niederländische Hochschulen generell kein Zwei- oder Dreifächersystem: Man wählt meistens einen einzigen Studiengang. Viele, die sich für das Friesische interessieren, fürchteten, dass sie damit geringe Karrierechancen haben würden. Diese Furcht ist unberechtigt, aber immerhin verleiht ein doppeltes Studium vielen jungen Menschen ein Gefühl der Jobsicherheit. Dieses doppelte Studium ist zudem sehr attraktiv, da sich die Studienzeit nicht verdoppelt. Das haben wir erreicht, indem viele Fächer zu beiden Studiengängen gehören und daher mit jeder bestandenen Prüfung zwei Studienabschlüsse näherbringen.Zweitens wird Friesisch nicht länger nur als Hauptfach angeboten, sondern auch als Nebenfach. Da die meisten Hochschulen – sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen – in den letzten Jahren ihre Studenten dazu verpflichtet haben, ein halbes Jahr lang ein Nebenfach zu studieren, wählen viele Friesisch, die es nie als Hauptfach gewählt hätten. Diese Gruppe ist sehr divers: Sie enthält natürlich viele Sprachenstudenten der eigenen Hochschule, aber auch etwa Bautechnikstudenten und Studenten, die ihr Hauptfach an einer anderen Hochschule haben. Ein Teil dieser Gruppe ist von der sechsmonatlichen Begegnung so angetan, dass er nachher das komplette Friesischstudium absolviert. Dies ist wederum relativ leicht, da die im Rahmen des Nebenfachs bereits absolvierten Fächer den Studenten schon als Teil des späteren Hauptstudiums angerechnet werden.Außerdem hat die Hochschule von der Allgemeinen Friesischen Unterrichtskommission die Ausbildung zur Friesischlehrkraft für Erwachsene übernommen. Des Weiteren bietet sie zusätzlich zum Bachelor-Studiengang einen Master-Studiengang für Friesisch an. In der Grundschullehrerausbildung wurde das Nebenfach Friesisch zudem zum Wahlpflichtfach, das vor allem für Studenten mit einem kulturellen Interesse eine interessante Möglichkeit zur Vertiefung bietet.Nicht nur die NHL Stenden Hogeschool hatte vor einem Vierteljahrhundert mit niedrigen Studentenzahlen zu tun, auch die Rijksuniversiteit Groningen kämpfte mit diesem Problem. Nach einigen Jahren ohne Friesischstudenten wurde das Friesischstudium dort sogar eingestellt. Neulich hat sich die Universität dafür entschieden, diesem Studium neues Leben einzuhauchen. Hoffentlich haben die Erfolge der NHL Stenden Hogeschool zu diesem Beschluss beigetragen.Ich habe damals mitgemacht beim Säen. Die Ernte beobachte ich jetzt aus der Ferne. Mit Freude. [...]
Marc Wübbenhorst, 13.2.2025 Minderheiten- und Regionalsprachen wie das ostfriesische Plattdeutsch und das Saterfriesische stehen vor der Herausforderung, in modernen Medien und der Musiklandschaft präsent zu bleiben. Ihre feinen sprachlichen Nuancen, Mehrdeutigkeiten und idiomatischen Wendungen lassen sich jedoch nur schwer digital generieren. Bisher ist keine generative KI fähig, „selbständig“ saterfriesischen oder ostfriesisch-plattdeutschen Text zu verarbeiten. Seit einiger Zeit gibt es Programme, die Texte in Musik umsetzten können. Ich habe einen Weg erarbeitet, mithilfe der KI ostfriesisch-plattdeutsche Musik zu produzieren. Henk Wolf hat diese Idee bereits diskutiert und darauf hingewiesen, dass KI (musikgebende) generative künstliche Intelligenz) eine Möglichkeit für das Saterfriesische bieten kann. Ich habe dieses Thema jedoch weit darüber hinaus vertieft: Ich nutze KI als Hilfsmittel, um plattdeutsche Musik völlig neu zu denken. Mein Ansatz zeigt, dass KI- gestützte Musik nicht nur Fortführung unterstützt, sondern auch das Besetzen neuer Domänen in neuen musikalischen Kontexten fördern kann. Die Herausforderung liegt darin, dass KI-Systeme bisher keine ostfriesisch-plattdeutschen oder saterfriesischen Texte generieren können, die zudem noch den sprachlichen Besonderheiten gerecht werden. Musikgebende Programme können das Saterfriesische oder Ostfriesisch-Plattdeutsch bisher nicht richtig in Gesang umwandeln. Hier ist auch die dialektale Vielfalt ein Hindernis. Ich löse dieses Problem durch eine Kombination aus KI-generierten musikalischen Strukturen und handwerklich geschriebenen Texten, für die ich einen eigenen Prompt und eine Methode der Nachbearbeitung entwickelt habe. Meine Musikstücke basieren völlig auf handgeschriebenen Texten, die KI liefert dazu die passende Stimme und die Musik.Ich nutze die Technologie, um Melodien und musikalische Atmosphären zu schaffen, während die sprachliche Feingestaltung also weiterhin in menschlicher Hand liegt. Im Prinzip ist es wie ein Werkzeug, vergleichbar mit dem Synthesizer. Ich habe aufgrund der Fülle der bisher produzierten Musik das Label marque music gegründet. Obwohl ich in Bielefeld wohne, bin ich ostfriesisch-plattdeutscher Muttersprachler und unterrichte Niederländisch, Friesisch und Deutsch.Meine Musik führt zu einzigartigen Ergebnissen, die sowohl die emotionale Tiefe, Mehrdeutigkeiten und Sprechgewohnheiten der Sprache und als auch moderne Hörgewohnheiten berücksichtigen und weiter ausloten und völlig neue Werke sind: So entstanden 30 Tango-Stücke und zwei Dark-Wave-Alben, neben Country und Schlager und anderen Hierzu entwickelte ich die Personas „Geert Jansen“ und „Marijke Jansen“, die als künstliche Interpreten ihre eigene Stimmfarbe, Themenwelt und Charaktere haben. Besonders wichtig war mir hier, dass die Songs eine emotionale Tiefe erhalten, zu der die KI nicht im Stande ist. Es sind eben um echte Gefühle. Wichtig war es, dass die Musik ausgetretene Pfade verlässt: Es ginge mir nicht um das hundertste Lied „achtern Diek bün ik Tohuus“ zu trällern, sondern um marktgängige, framingfreie Texte aus allen Genres, die im besten Fall radiotauglich sind. Die Postproduktion dieser Musik ist durchaus aufwendig: KI liefert solide Entwürfe, die dann gezielt nachbearbeitet werden. Die Texte müssen adaptiert, Betonungen angepasst und Klangfarben auf die sprachlichen Eigenheiten abgestimmt werden. Das Resultat sind Lieder, die  moderne Klangwelten erschließen und bestimmte Muster der bisherigen Musik verlassen. Zum Teil wurden die Lieder auch durch Musikvideos ergänzt. Ein wichtiger Aspekt dieses Ansatzes ist die Überwindung der strukturellen Benachteiligung von Minderheitensprachen in bzw. durch textgebende KI-Systemen. Während große Sprachgemeinschaften von einer Fülle an KI-generierten Inhalten profitieren, bleibt der Anteil für kleinere Sprachen gering. Durch gezielte künstlerische und sprachwissenschaftliche Eingriffe kann diese Kluft jedoch teilweise überbrückt werden. Und das gelingt annähernd gut. Marijke Jansen hat einen leichten niederländischen Akzent, aber dann kommt sie eben aus Neuschanz. Mit der Kombination aus Musik, Sprache und Technologie möchte ich zudem neue Verbindungen zwischen Sprachgemeinschaften schaffen. Plattdeutsche Musik erreicht inzwischen auch Hörer in den Niederlanden, hier bei ist es durchaus hilfreich, das die Texte wenige Wörter aus dem Deutschen beinhalten und für Niederländer*innen mit Nedersaksies-Kenntnissen gut zu verstehen sind. Nicht nur deswegen läuft die Musik auch in den Niederlanden im Radio. Sie hört sich auch gut an und ist tanzbar. Es berichteten Radio Ostfriesland und der NDR über das Projekt. Ebenso freuen sich Passiv-Sprecher des Niederdeutschen über Marijke Jansens Schlagertexte. Solche Projekte zeigen, dass innovative Mediennutzung nicht nur künstlerisch bereichernd ist, sondern auch einen Beitrag zur Zukunft von Minderheitensprachen leisten kann. Für das Saterfriesische kann dies ein gutes Beispiel sein. Für die weitere Professionalisierung dieses Ansatzes und der kreativen Arbeit an Wort und Klang werden zur Zeit Projektförderer gesucht. Beispiele https://www.youtube.com/watch?v=LGsDHSyDCoQhttps://www.youtube.com/watch?v=8UgvYGYBUJY83 01 WKDA DE CELEB Rainer 16×9 Broad M25+Spotify – Katalog und zum hörenhttps://open.spotify.com/intl-de/artist/0jkdbPwUdHxbnU0qhdCupw Marc Wübbenhorst / Projektseite www.marc-wuebbenhorst.de [...]
Henk Wolf, 9.1.2025 Letztes Jahr saßen der Filmemacher Christoph Knorr und ich bei Georg und Sonja Pahl in Wittensand in der Küche. Wir bereiteten das erste Interview in der Videoreihe “Anne Äi” (An der Sagter Ems) vor. Darin stand Georg im Rampenlicht. Er erzählte über die Bauernarbeit im Saterland, sowie er die aus eigener Erfahrung kannte. Als Kind hatte er die ersten Trekker erlebt und jetzt sah er wie viele Bauer Mais anbauten und sich Biogasanlagen widmeten. Konservativ war er nicht, er empfahl jungen Bauern, die Modernisierungen in die Arme zu schließen. Er mochte das Bauernleben, aber idealisierte es nicht. Es war manchmal hart, sagte er. Festlich war es manchmal auch, sogar in der armen Zeit wurde ab und zu ein Schwein geschlachtet und dann gab es für alle Speck. Das Schlachten war immer seine Aufgabe, seine Schwestern wollten noch keine Henne schlachten, berichtete Georg. Sogar im Alter schlachtete er ab und zu noch ein Huhn für seine Enkelkinder. Das alles erzählte Georg im schönsten Saterfriesisch. Er sprach eine sehr reiche und schöne Variante der saterländischen Sprache und nicht umsonst rief ich häufig bei ihm an, wenn ich eine Sprachfrage hatte. Die beantwortete er dann immer freundlich und geduldig. Übrigens korrigierte er mich auch ständig, denn ihm war viel daran gelegen, dass die Sprache richtig gesprochen wurde. Sagte ich mal “jee” (ja), wurde ich sofort korrigiert, denn in Wittensand wurde nicht “jee” sondern “jäi” gesagt.Ein paar Mal war ich bei ihm auf dem Hof. Er lebte mit seiner Frau Sonja in seinem Wittensander Geburtshaus und wartete immer draußen vor der Tür auf seine Gäste. Er saß dann auf seiner Gehhilfe und rauchte eine Zigarette. Man sah ihm an, dass er sich über den Besuch freute und jedes Mal machten wir eine kleine Runde durch den Garten, wo er stolz seine Hochbeete und sein Gewächshaus zeigte.Georg Pahl war jahrelang Vertreter der Saterfriesen im Friesenrat und pflegte viele Kontakte zu den Friesen in den Niederlanden, in Ostfriesland und in Schleswig-Holstein. Leider war ihm das in den letzten Jahren aus gesündheitlichen Gründen nicht mehr möglich. Am 7. Januar ist er im Alter von 71 Jahren gestorben. Ich werde ihn vermissen. [...]



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