Mitteilungen aus dem Saterfriesisch-Büro
Meedelengen fon't Seeltersk-Kontoor

Dät Näiste

URLOFSRAUE: In ju Tied fon dän 14. Juli bit tou dän 25. Juli is dät Seeltersk-Kontoor nit besät. An´n 28. Juli sunt wie wier deer.

Termiene:


06.07.2025Wie viele Friesen leben eigentlich in Deutschland? Was genau ist Friesisch? Und warum lohnt es sich, kleine Sprachen wie das Saterfriesisch zu erhalten? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigte sich der Sprachwissenschaftler Henk Wolf vom Seeltersk-Kontoor am Sonntag, dem 6. Juli, in einem Vortrag im Museumsdorf Cloppenburg. Unter dem Titel „Die stille Emanzipation der friesischsprachigen Minderheit“ nahm Wolf sein Publikum mit auf eine Reise durch die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der friesischen Sprachen. Er zeigte, welche Rolle Gemeinden, Länder, der Bund und die EU beim Schutz sprachlicher Minderheiten spielen, und was in den letzten Jahren tatsächlich für das Friesische und besonders das Saterfriesische getan wurde. Auch das Publikum brachte sich ein: Eine Saterfriesin sorgte für Heiterkeit, als sie erzählte, dass ihr Mann mit der Sprache nichts zu tun haben wollte, nachdem er ein Gespräch über die Wochenplanung missverstanden hatte. Statt „Sneeuwende“ (Saterfriesisch für Samstag) hatte er „Schneehunde“ verstanden – und sich gewundert, was das denn für ein Thema sei. Zum Abschluss stellte Wolf den frisch erschienenen Sammelband Sprachen unter der Lupe: Saterfriesisch und Niederdeutsch vor, den er selbst herausgegeben hat. 23 Autoren beleuchten darin verschiedene Aspekte der beiden Sprachen. Der Vortrag fand im Rahmen der Ausstellung Was heißt hier Minderheit? statt, die noch bis zum 15. August im Museumsdorf zu sehen ist. Bilder: Esther Hoorn [...]


Henk Wolf, 4.7.2025 Vor etwa 25 Jahren begegnete ich Ingeborg Remmers zum ersten Mal auf einer Konferenz über friesische Lehrmaterialien in Niebüll. Die junge Lehrerin stellte dort ein selbst erarbeitetes Saterfriesisch-Lehrbuch vor. Zwei Jahrzehnte später präsentierte sie gemeinsam mit Edith Sassen die professionelle Lernmethode Seeltersk lopt. Was einst als Pionierarbeit begann, wurde zum Fundament des heutigen Saterfriesischunterrichts. Dank ihres Engagements führte die Litje Skoule Skäddel den immersiven Saterfriesischunterricht ein – eine wichtige Innovation. Die Schule trägt heute mit Stolz das Prädikat „Saterfriesische Schule“, und Ingeborg wurde für ihren Einsatz mit dem Verdienstkreuz des Landes Niedersachsen ausgezeichnet. Als ich 2020 mein Amt als Beauftragter für das Saterfriesische antrat, fragte ich viele Menschen, was sie sich von mir wünschten. Ingeborgs Antwort war klar: mehr Verbindung. „Bring die Menschen zusammen, die sich für unsere Sprache einsetzen!“ Ich habe gut zugehört – und ich glaube, dass sowohl der Arbeitskreis Saterfriesisch als auch die Toal-Normierengs-Truppe heute tatsächlich zu mehr Miteinander beitragen. Bescheiden war Ingeborg immer. Als mich kürzlich jemand fragte, wer eigentlich die Litje Muus-Bücher ins Saterfriesische übersetzt habe, musste ich passen – ein Name stand nirgends. Als ich Ingeborg darauf ansprach, lachte sie. Sie selbst war die Übersetzerin. Ihren Namen im Buch zu nennen, hielt sie für überflüssig. Ich kenne niemanden, der mit so viel Souveränität Fragen zum Saterfriesischen beantwortet. Ingeborg hat das schulische Vokabular um viele Begriffe bereichert: Stikketaaske, Skoulboas und Pepierkomer sind heute in allen saterländischen Schulen zu hören. Nach dem Abschied aus dem Schuldienst will sie zunächst zur Ruhe kommen. Doch sie bleibt uns erhalten – im Arbeitskreis und neuerdings auch als Sängerin bei „Do ulkige Wuchtere“. Ich bin dankbar, dass es Menschen wie Ingeborg gibt – klug, bescheiden und entschlossen. Möge unsere Zusammenarbeit noch lange weitergehen. [...]
Henk Wolf, 5.5.2025 Zurzeit studieren an der NHL Stenden Hogeschool in Leeuwarden und Groningen etwa siebzig Personen Friesisch. Die Anzahl der Studenten, die sich mit der deutschen oder französischen Sprache auseinandersetzen, liegt deutlich niedriger. Das war nicht immer der Fall. Um die Jahrtausendwende lagen die Studentenzahlen für das Friesischstudium meistens unter zehn und ab und zu gab es Jahrgänge, die aus nur einer Person bestanden. Das Bachelor-Studium der Frisistik an der Rijksuniversiteit Groningen wurde nach einigen Jahren ohne Studente in dieser Zeit sogar eingestellt – ein Schicksal, das uns zum Glück erspart geblieben ist.In den letzten Jahren sind die Anzahlen jedoch immer weiter angestiegen. Als vor drei Jahren die 50-Marke überschritten wurde, war das schon etwas ganz besonderes. Das Wachstum hielt aber an. Dieses Wachstum des Friesischstudiums hat mehrere Ursachen. Zu zwei davon habe ich selbst als Dozent an der Hochschule beigetragen. Zum einen haben wir es viel leichter gemacht, gleichzeitig Niederländisch und Friesisch zu studieren. Anders als in Deutschland haben niederländische Hochschulen generell kein Zwei- oder Dreifächersystem: Man wählt meistens einen einzigen Studiengang. Viele, die sich für das Friesische interessieren, fürchteten, dass sie damit geringe Karrierechancen haben würden. Diese Furcht ist unberechtigt, aber immerhin verleiht ein doppeltes Studium vielen jungen Menschen ein Gefühl der Jobsicherheit. Dieses doppelte Studium ist zudem sehr attraktiv, da sich die Studienzeit nicht verdoppelt. Das haben wir erreicht, indem viele Fächer zu beiden Studiengängen gehören und daher mit jeder bestandenen Prüfung zwei Studienabschlüsse näherbringen.Zweitens wird Friesisch nicht länger nur als Hauptfach angeboten, sondern auch als Nebenfach. Da die meisten Hochschulen – sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen – in den letzten Jahren ihre Studenten dazu verpflichtet haben, ein halbes Jahr lang ein Nebenfach zu studieren, wählen viele Friesisch, die es nie als Hauptfach gewählt hätten. Diese Gruppe ist sehr divers: Sie enthält natürlich viele Sprachenstudenten der eigenen Hochschule, aber auch etwa Bautechnikstudenten und Studenten, die ihr Hauptfach an einer anderen Hochschule haben. Ein Teil dieser Gruppe ist von der sechsmonatlichen Begegnung so angetan, dass er nachher das komplette Friesischstudium absolviert. Dies ist wederum relativ leicht, da die im Rahmen des Nebenfachs bereits absolvierten Fächer den Studenten schon als Teil des späteren Hauptstudiums angerechnet werden.Außerdem hat die Hochschule von der Allgemeinen Friesischen Unterrichtskommission die Ausbildung zur Friesischlehrkraft für Erwachsene übernommen. Des Weiteren bietet sie zusätzlich zum Bachelor-Studiengang einen Master-Studiengang für Friesisch an. In der Grundschullehrerausbildung wurde das Nebenfach Friesisch zudem zum Wahlpflichtfach, das vor allem für Studenten mit einem kulturellen Interesse eine interessante Möglichkeit zur Vertiefung bietet.Nicht nur die NHL Stenden Hogeschool hatte vor einem Vierteljahrhundert mit niedrigen Studentenzahlen zu tun, auch die Rijksuniversiteit Groningen kämpfte mit diesem Problem. Nach einigen Jahren ohne Friesischstudenten wurde das Friesischstudium dort sogar eingestellt. Neulich hat sich die Universität dafür entschieden, diesem Studium neues Leben einzuhauchen. Hoffentlich haben die Erfolge der NHL Stenden Hogeschool zu diesem Beschluss beigetragen.Ich habe damals mitgemacht beim Säen. Die Ernte beobachte ich jetzt aus der Ferne. Mit Freude. [...]
Marc Wübbenhorst, 13.2.2025 Minderheiten- und Regionalsprachen wie das ostfriesische Plattdeutsch und das Saterfriesische stehen vor der Herausforderung, in modernen Medien und der Musiklandschaft präsent zu bleiben. Ihre feinen sprachlichen Nuancen, Mehrdeutigkeiten und idiomatischen Wendungen lassen sich jedoch nur schwer digital generieren. Bisher ist keine generative KI fähig, „selbständig“ saterfriesischen oder ostfriesisch-plattdeutschen Text zu verarbeiten. Seit einiger Zeit gibt es Programme, die Texte in Musik umsetzten können. Ich habe einen Weg erarbeitet, mithilfe der KI ostfriesisch-plattdeutsche Musik zu produzieren. Henk Wolf hat diese Idee bereits diskutiert und darauf hingewiesen, dass KI (musikgebende) generative künstliche Intelligenz) eine Möglichkeit für das Saterfriesische bieten kann. Ich habe dieses Thema jedoch weit darüber hinaus vertieft: Ich nutze KI als Hilfsmittel, um plattdeutsche Musik völlig neu zu denken. Mein Ansatz zeigt, dass KI- gestützte Musik nicht nur Fortführung unterstützt, sondern auch das Besetzen neuer Domänen in neuen musikalischen Kontexten fördern kann. Die Herausforderung liegt darin, dass KI-Systeme bisher keine ostfriesisch-plattdeutschen oder saterfriesischen Texte generieren können, die zudem noch den sprachlichen Besonderheiten gerecht werden. Musikgebende Programme können das Saterfriesische oder Ostfriesisch-Plattdeutsch bisher nicht richtig in Gesang umwandeln. Hier ist auch die dialektale Vielfalt ein Hindernis. Ich löse dieses Problem durch eine Kombination aus KI-generierten musikalischen Strukturen und handwerklich geschriebenen Texten, für die ich einen eigenen Prompt und eine Methode der Nachbearbeitung entwickelt habe. Meine Musikstücke basieren völlig auf handgeschriebenen Texten, die KI liefert dazu die passende Stimme und die Musik.Ich nutze die Technologie, um Melodien und musikalische Atmosphären zu schaffen, während die sprachliche Feingestaltung also weiterhin in menschlicher Hand liegt. Im Prinzip ist es wie ein Werkzeug, vergleichbar mit dem Synthesizer. Ich habe aufgrund der Fülle der bisher produzierten Musik das Label marque music gegründet. Obwohl ich in Bielefeld wohne, bin ich ostfriesisch-plattdeutscher Muttersprachler und unterrichte Niederländisch, Friesisch und Deutsch.Meine Musik führt zu einzigartigen Ergebnissen, die sowohl die emotionale Tiefe, Mehrdeutigkeiten und Sprechgewohnheiten der Sprache und als auch moderne Hörgewohnheiten berücksichtigen und weiter ausloten und völlig neue Werke sind: So entstanden 30 Tango-Stücke und zwei Dark-Wave-Alben, neben Country und Schlager und anderen Hierzu entwickelte ich die Personas „Geert Jansen“ und „Marijke Jansen“, die als künstliche Interpreten ihre eigene Stimmfarbe, Themenwelt und Charaktere haben. Besonders wichtig war mir hier, dass die Songs eine emotionale Tiefe erhalten, zu der die KI nicht im Stande ist. Es sind eben um echte Gefühle. Wichtig war es, dass die Musik ausgetretene Pfade verlässt: Es ginge mir nicht um das hundertste Lied „achtern Diek bün ik Tohuus“ zu trällern, sondern um marktgängige, framingfreie Texte aus allen Genres, die im besten Fall radiotauglich sind. Die Postproduktion dieser Musik ist durchaus aufwendig: KI liefert solide Entwürfe, die dann gezielt nachbearbeitet werden. Die Texte müssen adaptiert, Betonungen angepasst und Klangfarben auf die sprachlichen Eigenheiten abgestimmt werden. Das Resultat sind Lieder, die  moderne Klangwelten erschließen und bestimmte Muster der bisherigen Musik verlassen. Zum Teil wurden die Lieder auch durch Musikvideos ergänzt. Ein wichtiger Aspekt dieses Ansatzes ist die Überwindung der strukturellen Benachteiligung von Minderheitensprachen in bzw. durch textgebende KI-Systemen. Während große Sprachgemeinschaften von einer Fülle an KI-generierten Inhalten profitieren, bleibt der Anteil für kleinere Sprachen gering. Durch gezielte künstlerische und sprachwissenschaftliche Eingriffe kann diese Kluft jedoch teilweise überbrückt werden. Und das gelingt annähernd gut. Marijke Jansen hat einen leichten niederländischen Akzent, aber dann kommt sie eben aus Neuschanz. Mit der Kombination aus Musik, Sprache und Technologie möchte ich zudem neue Verbindungen zwischen Sprachgemeinschaften schaffen. Plattdeutsche Musik erreicht inzwischen auch Hörer in den Niederlanden, hier bei ist es durchaus hilfreich, das die Texte wenige Wörter aus dem Deutschen beinhalten und für Niederländer*innen mit Nedersaksies-Kenntnissen gut zu verstehen sind. Nicht nur deswegen läuft die Musik auch in den Niederlanden im Radio. Sie hört sich auch gut an und ist tanzbar. Es berichteten Radio Ostfriesland und der NDR über das Projekt. Ebenso freuen sich Passiv-Sprecher des Niederdeutschen über Marijke Jansens Schlagertexte. Solche Projekte zeigen, dass innovative Mediennutzung nicht nur künstlerisch bereichernd ist, sondern auch einen Beitrag zur Zukunft von Minderheitensprachen leisten kann. Für das Saterfriesische kann dies ein gutes Beispiel sein. Für die weitere Professionalisierung dieses Ansatzes und der kreativen Arbeit an Wort und Klang werden zur Zeit Projektförderer gesucht. Beispiele https://www.youtube.com/watch?v=LGsDHSyDCoQhttps://www.youtube.com/watch?v=8UgvYGYBUJY83 01 WKDA DE CELEB Rainer 16×9 Broad M25+Spotify – Katalog und zum hörenhttps://open.spotify.com/intl-de/artist/0jkdbPwUdHxbnU0qhdCupw Marc Wübbenhorst / Projektseite www.marc-wuebbenhorst.de [...]



gefördert von: