Die Pluralform -s im Saterfriesischen, eine Antwort

Bouke Slofstra, 22.4.2023

Wolter Jetten bespricht am 21. April einige Einzelkeiten in der Grammatik, die Eric Hoekstra und ich im vergangenen Jahr mit Hilfe von Henk Wolf geschrieben haben (Sprachhlehre des Saterfriesischen 2022-2023). Es handelt sich in Wolters Besprechung besonders um Pluralforme wie Handys, Hotels und Kluntjes.

An erster Stelle sei gesagt, dass wir uns bei ihm herzlich für seine Anmerkungen bedanken, auch wenn – oder gerade weil – sie einigermaßen kritisch klingen. Im Großen und Ganzen sind wir mit seiner Kritik einverstanden. Eine ideale Grammatik wird nicht von zwei anderssprachigen Forschern im Ausland und innerhalb eines Jahres geschrieben. Man sollte diese Grammatik als eine Stufe in einer größeren Forschungsarbeit betrachten, wie im Vorwort schon gesagt (Seite 8). Die Mitarbeit von einerseits saterfriesischen Sprechern und andererseits anderen Forschern und Interessierten war, ist und bleibt selbstverständlich eine Notwendigkeit. Letztendlich werden andere, jüngere und mehr ortsgebundene Forscher diese Arbeit fortsetzen und verbessern.

Und jetzt zu den von Wolter angesprochenen Mehrzahlformen. Es mag sehr wohl der Fall sein, dass die Pluralform -s oft ignoriert wird, wie Wolter behauptet. Aber in der Sprachlehre werden do Autos, do Inkas, do Däcks, do Ooms und do Skepers und do Düwels schon erwähnt (Seite 43-44). Wir hätten auch erwähnen können, dass es witzige Wörter wie Pielie ‘Küken’ und Kakkedu ‘Haufen Exkrements’ gibt, mit Mehrzahlformen auf -s: Pielies, Kakkeduus.

Wolters Wechselformen Kluntjene-oder-Kluntjes und Teste-oder-Tests zeigen außerdem, dass die Wirklichkeit häufig komplexer ist als vermutet wird. Man könnte auch noch – zum Beispiel – do Amerikoaners, do Hoawens und do Fertälsters hinzufügen: Das Wörterbuch erwähnt natürlich Fertälstere, nicht Fertälsters.

Das Wort Amerikoaner steht nicht im Wörterbuch von Marron Fort (2015), aber es gibt zum Glück einige andere Einwohnernamen, zum Beispiel die Rumer, Romer oder Römer (Mehrzahl: do Rumere, usw.) und die Spoanjer (Mehrzahl: do Spoanjere). Die Saterländer, mit denen wir geredet haben, sagen jedoch do Römer, do Spoanjer und so weiter, also ohne Mehrzahlendung, genau wie auf Deutsch. Und auch ihre Eltern und Großeltern nannten sich damals schon “luter een Lounds Loundjer, Skäddeler, Romelster un Uutändjer”. (Also keine “Loundjere” oder “Romelstere”). Im Leesebouk foar Seelterlound (1953-1962) finden wir: Rakt ’t noch Romer of Grieken? In anderen Worten: das Wörterbuch und die Sprecher sind sich nicht immer einig. Es gibt offenbar Amerikoaner, Amerikoanere und Amerikoaners.

Grammatikbücher fokussieren meist auf die ‘eigenen’ Eigenschaften einer Sprache, also: dät Kolich, do Koolwere und die Fout, do Fäite, aber nicht dät Hotel, do Hotels. Daran hat Wolter natürlich recht. Es gibt sogar viel mehr Nicht-eigenes, das oft übersehen wird. Zum Beispiel die Gymnasiast, do Gymnasiasten oder die Zats, do Zätse (Sprachleher, Seite 43). Diese Wörter sind zweifelsohne durch deutschen Einfluss entstanden, das ist klar.

Anderes Beispiel: Das Wort Dekoltee bekommt in der Mehrzahl ein -s (in einem Text von Gretchen Grosser), aber Idee bekommt -en, wie im Deutschen (do Dekoltees, do Ideeen).

Das deutsche Muster bleibt aber in anderen Fällen mehr oder weniger verschollen. Henk Wolf schrieb hier in der vergangenen Woche über das Wort Wiekeneende ‘Wochenende’, das im Westfriesischen wykein heißt. Es ist wahrscheinlich, dass die Saterländer das deutsche Muster ‘Wochenende’ im Kopf hatten und die Westfriesen das englisch-niederländische Muster ‘weekend’, wenn sie ihre eigenen Varianten introduzierten. Hätten die Saterländer sich ein Wort wie Wiek-eende ausdenken können (d.h.: die Eende fo ju Wiek)? Wahrscheinlich nicht. Das hätte zu weit vom Muster weggeführt.

Was Sie hier gelesen haben, ist nur eine kurze und schnelle Antwort an Wolter Jetten. Wir sind ihm, nochmals, dankbar für seinen Beitrag. Jede Anmerkung auf unsere Grammatik ist sehr willkommen.

Wie hoopje, dät wie in de Mande mäd fuul Seeltersbalere un ook mäd uur Forskere moor foar ju Beskrieuwenge fon ju seelterske Sproake dwo konnen.