Mitteilungen aus dem Saterfriesisch-Büro

Die Schönheit der Schimpfwörter (1)

Bouke Slofstra, 6.3.2023

Man kann am besten nett und freundlich bleiben, aber für die Sprachforscher haben Schimpfwörter jedoch etwas Interessantes. Das heißt: die nicht allzu schlimmen Schimpfwörter – zum Glück.
Substantive – also Wörter, die Menschen und Dinge bezeichnen – weisen meistens eine ganz einfache Struktur auf: ‘Wort’, ‘Wort-plus-Wort’, ‘Wort-plus-Suffix’ oder ‘Wort-plus-Wort-plus Suffix’, also: Haus, Hausherr, Hausrat oder Haushaltung. Die große Mehrheit der Substantive sieht so aus.
Schimpfwörter und ähnliche Ausdrücke werden aber oft auf eine kreativere Weise gebildet.

Ein schönes saterfriesisches Wort für ‘Bettnässer’, zum Beispiel, ist Pis-ap-Bääd. Das ist wunderlich. Kein Mensch würde *Oarbaid-ap-Sträite sagen. Einen *Oarbaid-ap-Sträite gibt es überhaupt nicht. Solch einen Mann nennen wir einfach Sträitenoarbaider.

Wir können uns freuen, dass derselbe Sträitenoarbaider morgens früh tätig ist, damit er die Infrastuktur unserer Wohumgebung verbessert. Aber niemand begrüßt den *Sträitenjaan oder *Sträitenhans um die Ecke. Wir kennen jedoch den Nusselfrits, den Bölkhäärm, den Groothans, den Lüüchhinnerk, den Ballerjaan, den Plunderjan, den Plunderjoust, den Judderkloas, die Rubbekloas, sowie die Babbelgeeske, die Lachlieze und die Jibbeltriene nur allzu gut. Auch wenn sie in Wirklichkeit Franz, David, Mohammed, Liselore oder Joyce heißen.

Ein letztes Beispiel der Schimpfwörterschönheit ist dies. Wir können alle verstehen, dass ein Hausherr eine Art Herr ist, nämlich der Herr des Hauses. Ein Dremelsokke ist aber keine Socke, ein Babbelbukse keine Hose, ein Dweelmoarze kein Hinterteil und ein Loangbeen kein Bein. Diese Wörter bezeichnen Menschen, im Allgemeinen Männer. Darum sagen wir die Dremelsokke, die Babbelbukse, die Dweelmoarze und die Loangbeen, obwohl wir ebensogut ju Sokke, ju Bukse, ju Moarze und dät Been sagen. Eine wunderliche Sache.

Im tagtäglichen Leben empfiehlt es sich aber, die Schimpfwörter auf ein Minimum zu beschränken.

[Das Sternchen * ist ein Symbol für: “diesen Ausdruck gibt es nicht; kann nicht existieren”.]

(Dies ist ein Gastbeitrag von Bouke Slofstra von der Fryske Akademy.)