Die Zahl 50

Henk Wolf, 29.3.2023

Neulich bin ich fünfzig Jahre alt geworden. So ein halbes Jahrhundert, das ist etwas Besonderes und ich dachte: Soll ich nicht mal eine Kolumne über die Zahl 50 schreiben? Schließlich muß ich die die nächsten zwölf Monate mit mir herumtragen.

Wer das saterfriesisch “fieftig” mit dem deutschen “fünfzig” vergleicht, sieht sofort, dass das Deutsche vor dem zweiten f noch ein n hat. Im frühen Mittelalter existierten die modernen Sprachen noch gar nicht. Damals wurde in unserer Region Westgermanisch gesprochen. In dieser Sprache sagte man “fienf” für fünf. In den nördlichen Dialekten verschwand jedoch das -n-. Aus diesen Dialekten ist das heutige Saterfriesisch hervorgegangen, aber auch Niederdeutsch, Niederländisch, Englisch und die nord- und westfriesischen Sprachen sind moderne Nachfolger dieser nördlichen westgermanischen Dialekte, während Hochdeutsch aus einem südlichen Dialekt des Westgermanischen entstanden ist und daher das alte -n- bewahrt hat.

In “fünfzig” steht neben “fünf” auch “zig”. Auf Saterfriesisch ist das “tig”. Das Hochdeutsche unterscheidet sich auch hier von den anderen westgermanischen Sprachen. Der alte t-Laut hat sich nämlich zu z entwickelt. Dies ist in vielen Wörtern passiert: Auf Deutsch sagt man zum Beispiel “Herz”, während die verwanten westgermanischen Sprachen statt z das alte t noch haben: Englisch “Heart”, Niederländisch “Hart”, Saterfriesisch “Haat” und so weiter.

Der alte i-Laut von “fienf” wurde im Hochdeutschen zu ü. Dieser Lautwandel kommt in Sprachen recht häufig vor, da die Laute einander sehr ähnlich sind: für den ü-Laut müssen nur die Lippen ein bisschen runder werden. Plattdeutsch und die friesischen Sprachen haben den alten i-Laut bewahrt, obwohl man auch in diesen Sprachen recht oft “füftig” hören kann. Niederländisch und Englisch haben mit “vijf” und “five” einen sogenannten Zwielaut entwickelt, was in diesen Sprachen recht häufig passiert ist. Auch das Deutsche tut dies in Wörtern wie “Wein” und “mein” (aus älterem “Wien” und “mien”).

(Auch als Sprachkolumne im General-Anzeiger erschienen.)