Neuer Bericht mit Empfehlungen für die Stärkung von Minderheitensprachen

In Europa werden neben den Staatssprachen auch viele Sprachen gesprochen, die auf eine Minderheit oder eine Region beschränkt sind. In weitaus den meisten Fällen geht es diesen Sprachen nicht gut. Ihre Sprecherzahlen sinken. Es gibt jedoch auch positive Ausnahmen. Das steht in einer Studie, die der Wissenschaftler Prof. Dr. Paul Videsott im Auftrag des Europaparlaments durchgeführt hat.

Saterfriesisch wird in der Studie auch ein paar Mal erwähnt und da konkrete Zahlen fehlen, wird geschätzt, dass die Sprecherzahl seit der letzten Zählung im Jahr 1995 heruntergegangen ist. Auch wird beschrieben, dass die Verschriftlichung, die Präsenz in den Schulen und in der Verwaltung und der Sprachausbau äußerst begrenzt sind.

Diese Sachen sind jedoch essentiell für das Überleben von kleinen Sprachen. Die Familie ist das wichtigste und Eltern müssen bei der sprachlichen Erziehung ihrer Kinder unterstützt werden. Wenn die Familien als Grundlage nicht mehr reichen, muß verstärkt auf die Anwesenheit in Schulen gesetzt werden. Auch für Zugezogene muß die Sprache attraktiv gemacht werden.

Regionen, in denen die Minderheitssprache stabil bleibt, sind unter anderem die niederländische Provinz Fryslân, Baskenland, Katalonien und Galizien in Spanien, kaschubischsprachiges Pommern in Polen und Südtirol in Belgien. Erfahrungen aus solcher Regionen können anderen Regionen und Ländern zum Vorbild dienen, so Dr. Videsott.

Kleine Sprachen müßten daher laut dem Forscher Pflichtfach in den Schulen im Sprachgebiet sein. Auch müssen Sprachkurse vorhanden sein und muß die Sprache in der Region im Straßenbild sichtbar gemacht werden, zum Beispiel auf Ortsschildern. Die Verwaltung muß die Sprache soviel wie nur möglich verwenden, es müssen Wörterbücher, Grammatikbücher und Lernmaterialien entwickelt werden und die Sprache muß um einen modernen Wortschatz erweitert werden. Auch müssen Sprachkurse für unterschiedliche erwachsene Zielgruppen angeboten werden. Um die Ergebnisse der Sprachpolitik zu prüfen müssen außerdem gelegentlich zuverlässige Sprecherzählungen durchgeführt werden, so der Forscher. Er plädiert für die Gründung einer europäischen Agentur für Minderheitensprachen, die diese Aufgabe übernehmen könnte.

Zwei erfolgreiche Minderheitssprachen sind Ladinisch und Deutsch in Südtirol (Italien). Dr. Videsott erwähnt einige Stärken der südtirolischen Sprachpolitik, die auch für andere Region brauchbar wären: Die deutsche und ladinische Sprachgruppe haben das Recht, in Schulen und in der Verwaltung in der eigenen Sprache bedient zu werden. Jede Sprachgruppe hat außerdem eine festgesetzte Anzahl an Mandaten im Regionalparlament. Alle Beamten, die mit Bürgern kommunizieren, müssen sowohl die Landessprache Italienisch, wie auch die Minderheitensprachen beherrschen. Für sie sind spezielle Sprachkurse eingerichtet. Für alle Förderregelungen, auch Wohngeld und Kulturförderungen, gilt, dass eine gewisse Prozentzahl für Zugehörige der Minderheit reserviert werden. Und Südtirol hat eine blühende Wirtschaft, die es Zugehörige der Minderheiten ermöglicht in der Region zu bleiben.

Der Bericht von Dr. Videsott wurde diese Woche in englischer Sprache auf der Website der Europaparlaments veröffentlicht.

[Sie finden ihn hier.]

Prof. Dr. Paul Videsott (BIld: Freie Universität Bozen)