Oolde Seelter Woude un Traditionen 3

Henk Wolf, 20.7.2022

Neulich erzählte ich in dieser Kolumne über saterfriesische Wörter für Krankheiten, die mir von älteren Saterfriesen erzählt wurden. Einige aus der Vergangenheit werden heutzutage einfach mit einer angepassten Bedeutung wiederverwendet. So haben sich anscheinend einige Saterländer “die Päst” (die Pest) als saterfriesisches Wort für Corona angeeignet.

Es gibt auch Sachen aus dem medizinischen Alltag, die endgültig zu der Vergangenheit gehören. Eine davon ist das Heilmittel, das früher “Oold Brood” (altes Brot) genannt wurde. Mit Brot hatte es nur entfernt zu tun – und zwar neun Meter entfernt, die Länge des menschlichen Verdauungstrakts. “Oold Brood” war nämlich eine mildernde Umschreibung von menschlichen Fäkalien, die aus dem Abtritt geholt und für die Behandlung von Brandwunden verwendet wurden.

Dies wurde mir von einem alten Saterländer erzählt. Er erzählte auch, wie in seiner Jugendzeit Kot öfter als Medizin eingesetzt wurde. Als Kinder in seiner Jugendzeit – also in den dreißiger und vierziger Jahren – krank waren, gab man ihnen “Skäipeköätele mäd Koafje”, also Schafskot mit Kaffee. Der Kaffee wurde nur hinzugefügt, um das ganze etwas schmackhafter zu machen. Anscheinend enthielt der Schafskot viele ernährende und heilende Stoffe aus Kräutern, die die Tiere gefressen hatten und die die manchmal unzureichende Diät um einiges ergänzten.

Das dritte Heilmittel, das mir genannt wurde, war “Kätjeblöite” oder Holunderblüten. Daraus wurde Tee gezogen, der hilft, Fieber zu senken. Dieser Tee ist in dieser Reihe wahrscheinlich das einzige Mittel, das heutzutage nicht völlig abgeschrieben ist. Eine kleine Packung mit diesem Hausmittel kostet im Reformhaus heutzutage sogar ganze vier Euro.

Heilmittel werdem im Saterfriesischen überigens ganz einfach ‘Goud’ (Gut, “Kram”) genannt, eine Eigenschaft, die die Sprache mit anderen Sprachen in der Region teilt: Gronings (Goed) und mit dem Westfriesischen (Guod) teilt.

(unter dem Titel “Oold Brood” auch als Kolumne im General-Anzeiger erschienen)