Saterfriesisch als Verbindungssprache
Henk Wolf, 22.6.2022
Westfriesen und Nordfriesen haben Schwierigkeiten, sich gegenseitig zu verstehen, wenn sie ihr eigenes Friesisch sprechen. Diesen Eindruck hatte ich schon längst gewonnen und Forschung von den Sprachwissenschaftlerinnen Charlotte Gooskens und Femke Swarte haben diesen Eindruck eindeutig bestätigt.
Zwanzig Jahre lang habe ich für Friesischstudenten in Leeuwarden nordfriesische Sprachkurse angeboten, jedes Jahr wenigstens einmal, manchmal auch öfter. Es gab Jahre, da machten nur drei Studenten mit, wir hatten auch Jahre mit über zwanzig Teilnehmern. Das Ergebnis war im Großen und Ganzen eigentlich immer, dass man am Anfang sehr wenig verstand und darüber staunte, dass zwei friesische Sprachen so unterschiedlich sein können, während man nach einigen Wochen ohne Probleme Nordfriesisch lesen und verstehen konnte. Wichtig war, dass die Studenten sich erstmal einhörten und sich mit den wichtigsten abweichenden Wörtern und Klängen vertraut machten.
Seit ich wissenschaftlicher Beauftragter für Saterfriesisch bin, biete ich den Studenten einen anderen Kurs an: zuerst studieren wir fünf Wochen Saterfriesisch, dann noch fünf Wochen Nordfriesisch. Es steht für Nordfriesisch also nur der halbe Kurs zur Verfügung.
Dadurch beherrschen die Studenten es weniger gut als in der Zeit, als wir für Nordfriesisch neun Wochen zur Verfügung hatten. Doch verstehen sie es jetzt nach drei Wochen besser als sie es vorher nach drei Wochen verstanden. Dass sie sich mit Saterfriesisch beschäftigt haben, macht offenbar den Unterschied.
Saterfriesisch ist für viele Westfriesen einfach zu verstehen, wie ich in einer anderen Kolumne schon mal beschrieben habe. Auch die Nordfriesen sagen mir, dass sie Saterfriesisch generell ziemlich gut verstehen. Nicht nur liegt das Saterland auf dem Weg von West- nach Nordfriesland, die für Deutsche oftmals so unverständliche saterländische Sprache ist für Friesen aus den beiden anderen Regionen der ideale, für alle verständliche Zwischenträger.