Henk Wolf, 5.5.2025
Zurzeit studieren an der NHL Stenden Hogeschool in Leeuwarden und Groningen etwa siebzig Personen Friesisch. Die Anzahl der Studenten, die sich mit der deutschen oder französischen Sprache auseinandersetzen, liegt deutlich niedriger. Das war nicht immer der Fall. Um die Jahrtausendwende lagen die Studentenzahlen für das Friesischstudium meistens unter zehn und ab und zu gab es Jahrgänge, die aus nur einer Person bestanden. Das Bachelor-Studium der Frisistik an der Rijksuniversiteit Groningen wurde nach einigen Jahren ohne Studente in dieser Zeit sogar eingestellt – ein Schicksal, das uns zum Glück erspart geblieben ist.
In den letzten Jahren sind die Anzahlen jedoch immer weiter angestiegen. Als vor drei Jahren die 50-Marke überschritten wurde, war das schon etwas ganz besonderes. Das Wachstum hielt aber an. Dieses Wachstum des Friesischstudiums hat mehrere Ursachen. Zu zwei davon habe ich selbst als Dozent an der Hochschule beigetragen. Zum einen haben wir es viel leichter gemacht, gleichzeitig Niederländisch und Friesisch zu studieren. Anders als in Deutschland haben niederländische Hochschulen generell kein Zwei- oder Dreifächersystem: Man wählt meistens einen einzigen Studiengang. Viele, die sich für das Friesische interessieren, fürchteten, dass sie damit geringe Karrierechancen haben würden. Diese Furcht ist unberechtigt, aber immerhin verleiht ein doppeltes Studium vielen jungen Menschen ein Gefühl der Jobsicherheit. Dieses doppelte Studium ist zudem sehr attraktiv, da sich die Studienzeit nicht verdoppelt. Das haben wir erreicht, indem viele Fächer zu beiden Studiengängen gehören und daher mit jeder bestandenen Prüfung zwei Studienabschlüsse näherbringen.
Zweitens wird Friesisch nicht länger nur als Hauptfach angeboten, sondern auch als Nebenfach. Da die meisten Hochschulen – sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen – in den letzten Jahren ihre Studenten dazu verpflichtet haben, ein halbes Jahr lang ein Nebenfach zu studieren, wählen viele Friesisch, die es nie als Hauptfach gewählt hätten. Diese Gruppe ist sehr divers: Sie enthält natürlich viele Sprachenstudenten der eigenen Hochschule, aber auch etwa Bautechnikstudenten und Studenten, die ihr Hauptfach an einer anderen Hochschule haben. Ein Teil dieser Gruppe ist von der sechsmonatlichen Begegnung so angetan, dass er nachher das komplette Friesischstudium absolviert. Dies ist wederum relativ leicht, da die im Rahmen des Nebenfachs bereits absolvierten Fächer den Studenten schon als Teil des späteren Hauptstudiums angerechnet werden.
Außerdem hat die Hochschule von der Allgemeinen Friesischen Unterrichtskommission die Ausbildung zur Friesischlehrkraft für Erwachsene übernommen. Des Weiteren bietet sie zusätzlich zum Bachelor-Studiengang einen Master-Studiengang für Friesisch an. In der Grundschullehrerausbildung wurde das Nebenfach Friesisch zudem zum Wahlpflichtfach, das vor allem für Studenten mit einem kulturellen Interesse eine interessante Möglichkeit zur Vertiefung bietet.
Nicht nur die NHL Stenden Hogeschool hatte vor einem Vierteljahrhundert mit niedrigen Studentenzahlen zu tun, auch die Rijksuniversiteit Groningen kämpfte mit diesem Problem. Nach einigen Jahren ohne Friesischstudenten wurde das Friesischstudium dort sogar eingestellt. Neulich hat sich die Universität dafür entschieden, diesem Studium neues Leben einzuhauchen. Hoffentlich haben die Erfolge der NHL Stenden Hogeschool zu diesem Beschluss beigetragen.
Ich habe damals mitgemacht beim Säen. Die Ernte beobachte ich jetzt aus der Ferne. Mit Freude.
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