Mitteilungen aus dem Saterfriesisch-Büro

Wörter für “Kind”

Henk Wolf, 28.6.2023

Die Sprachen in unserer Region haben inzwischen recht unterschiedliche Wörter für “Kind”. Das Deutsche und Niederländische teilen sich das Wort “Kind”, das schon uralt ist und wahrscheinlich ursprünglich so etwas wie “Verwandtschaft” bedeutete. Das lateinische Wort “Genus” und sogar das hypermoderne Verb “gendern” haben den gleichen Ursprung.

In den heutigen friesischen und skandinavischen Sprachen sind Wörter wie “Bern”, “Bäiden” und “Børn” beliebt. Man sieht wahrscheinlich sofort, dass sie mit “geboren” zu tun haben. Die Urbedeutung ist “tragen” und das verwandte englische Verb “to bear” hat diese Bedeutung heute noch.

Auf den nordfriesischen Inseln wird ein anderes Wort verwendet: “Jungen”, das natürlich mit “jung” zu tun hat. Im Deutschen ist die Bedeutung etwas eingeengt worden und kann “Junge” nur noch auf männliche Kinder verweisen

Ein sehr junges Kind wird in unserer Region mit Wörtern angedeutet, die auch für Spielzeug verwendet werden: westfriesisch “poppe”, saterfriesisch “Puppe” und Englisch “baby” sind Beispiele. Dies sind alte Lehnwörter aus dem Latein, wo “Pupus” Kind bedeutete. Sie sind mit Wörtern wie “Pubertät” und “Pädagogik” verwandt.

Einige plattdeutsche Mundarten verwenden “Blaag”. Das ist ursprünglich ein Schimpfwort. Es ist mit “blasen” verwandt en verwies früher auf Kinder, die sich aus Wut voll Luft saugten oder eben beim Schreien viel Luft von sich gaben.

Das englische Wort “Child” is mit dem deutschen “Kalb” verwandt und die Urbedetung ist wahrscheinlich “Mutterleib”. Mit dem ebenfalls englischen Wort “kid” hat es gar nichts zu tun. Letzteres deutete ursprünglich ein Ziegenlamm an, wie es das verwandte deutsche Wort “Kitz” heute noch tut.

Das Saterfriesische und verschiedene niederdeutsche Mundarten haben auch “Pot(je)” für ein Kleinkind. Wahrscheinlich kommt das von dem Sprichwort “Litje Potjene häbe grote Oren” (kleine Töpfe haben große Ohren), das Eltern davort warnt, in der Anwesenheit von Kleinkindern zu offen zu reden.

(Auch als Kolumne im General-Anzeiger erschienen.)