Zusammenfassung der Bundestagsdebatte über die Sprachencharta

Anlässlich des 25. Jahrestags der europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen fand Donnerstag Nachmittag eine Debatte im Bundestag über die anerkannten Minderheitensprachen und Plattdeutsch statt. Viele Fraktionen hatten bereits angekündigt, eine dieser Sprachen in ihrem Beitrag verwenden zu werden. Für die Saterfriesen waren Karl-Peter Schramm und Thomas Otto im Bundestag dabei.

Der Ostfriese Johann Saathoff (SPD) plädierte auf Plattdeutsch für einen Heimatbegriff, der alle Menschen und Sprachen als gleich wertvoll definiert. Er wurde während seines plattdeutschen Vortrags von einem FPD-Kollegen unterbrochten, der sagte, er können ihn nicht verstehen. Mit einer holländischen Ehefrau, so konterte Saathoff, solle das Plattdeutsche doch eigentlich kein Problem sein.

Astrid Damerow (CDU/CSU) aus Nordfriesland sprach das Mooringer Nordfriesisch. “We wiise, dåt nuch foole tu douen as”, sagte sie, auch wenn man stolz auf die Minderheitenpolitik sein könne. Sie plädierte für eine Verstärkung der Regional- und Minderheitensprachen in den Schulen. Eine gute Minderheitenpolitik könne auch Friedenspolitik sein, so sagte sie.

Linda Heitmann (Bündnis90/Grüne) sprach auf Plattdeutsch. Sie nannte die Sprachenpolitik von Irland, wo alle Kinder Irisch lernen, als Vorbild. Nur Heimatlieder auf Platt zu lernen reiche nicht, sagte sie, während sie einige Lieder vorsang. Die Medien könnten auch mehr auf Platt machen, sagte sie, und nicht nur in gesonderten Programm, sondern einfach den ganzen Tag abwechselnd mit Hochdeutsch. Und auch der Bundestag könne mehr Plattdeutsch verwenden, zum Beispiel wenn Innenpolitik diskutiert wird.

Dr. Götz Frömming (AfD) sprach “inklusives Hochdeutsch”, wie er selber sagte. Er betonte, Frankreich solle angeregt werden, auch mal die Charta zu unterschreiben. Er sagte weiterhin, Deutsch als Amtssprache anzuerkennen müsse den geschützten Status der Minderheitensprachen nicht ändern. Er plädierte für eine Unterstützung der deutschen Minderheit in Polen. Auch wies er darauf hin, dass Deutsch nicht mehr überall in Deutschland Mehrheitssprache ist.

Gyde Jensen (FDP) erklärte auf Plattdeutsch, sie gehöre zu den Gründern des Parlamentskreises für Plattdeutsch. Sie erklärte, dass Eltern die Minderheitensprache oft nicht an die Kinder weitergegeben haben, weil sie fürchteten, sie würden sonst kein gutes Hochdeutsch lernen. Auch sagte sie, diese Sprachen gehören nicht zur Folklore, sondern zum Alltag und sollten auch in diesem Rahmen gefördert werden.

Petra Pau (Linke) sprach Hochdeutsch. Sie betonte, wie wichtig die Charta sei und stellte die Frage, wie es um die Umsetzung der Charta gestellt ist. Auch plädierte sie für eine Anerkennung des Jiddischen. Alle Schüler in Deutschland sollen über die anerkannten Minderheiten lernen, sagte Frau Pau.

Natalie Pawlik (SPD), die Bundebeauftragte für nationale Minderheiten, sprach Hochdeutsch. Sie betonte, wie wichtig die Minderheitensprachen für ihre Specher, aber auch für die ganze Gesellschaft sind. Frau Pawlik lobte den ehrenamtlichen Einsatz für die Minderheitensprachen, zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen und in der Musik. Sie sprach zweisprachige Schilder und Minderheitenschulen an. Besonders Lob hatte sie für die Litje Skoule in Scharrel.

Christoph de Vries (CDU/CSU) sagte auf Platt, dass er leider kein Platt beherrsche und wechselte ins Hochdeutsche. Er stellte die kritische Frage, was die konkrekten Vorhaben der Regierung für die Minderheitensprachen sind. In den letzten Jahren sei wenig getan, sagte De Vries. Er betonte, dass die Regierung mehr für diese Sprachen tun sollte. Auch plädierte er für Unterstützung der deutschen Minderheit in Polen, da der Deutschunterricht für diese Gruppe neulich erheblich eingeschränkt wurde.

Stefan Seidler (SSW) fing auf Mooringer Friesisch an, fuhr auf Plattdeutsch fort, sprach dann Hochdeutsch und schließlich Dänisch. Auch er sagte, Minderheitenpolitik sei Friedenspolitik. Er plädierte für mehr Unterstützung für die Minderheiten und vor allem für mehr Stunden für Lehrer, damit sie den Plattdeutschunterricht ausbauen können. Er sagte, dass er sich freute, dass einige Gesetze schon angepasst wurden und plädierte für Unterstützung für die Minority Safepack Initiative im Europaparlament.

Simona Koß (SPD) fing auf Sorbisch an, wechselte dann ins Hochdeutsche. Sie betonte, dass noch viel zu tun sei: Beschriftungen, zweisprachige Adressen und Autobahnschilder. Sie plädierte für Unterstützung für akademisch geleitete Revitalisierungsprojekte wie “Zorja” bei den Sorben.

Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) sprach Plattdeutsch. “Wie mööten mehr maken”, sagte er. Im Bundestag solle öfter Platt gesprochen werden, sagte er. Er bedankte sich bei Gyde Jensen für die Gründung des Parlamentskreises Plattdeutsch. Ein CDU-Kollege fügte hinzu, dass Entwicklung der Muttersprache auch die kognitive Entwicklung verstärkt. Geld für die Sprachen ausgeben ginge, sagte Mattfeldt, reiche jedoch nicht. Vor allem in den Schulen müsse eine bessere Politik für die Sprachen geführt werden. Schließlich bat er Eltern, die eigene Sprache mit den Kindern zu sprechen.

Die Präsidentin Ilse Aigner äußerte zuerst ihre Bewunderung für den zur Schau gestellten sprachlichen Reichtum, sagte dann jedoch “aber bitte nicht jede Woche”.